Tanzen auf der Strasse

All of this dance is bullshit if we don’t take it to the street

Gabrielle Roth

Corona hat so vieles in Bewegung gebracht, was ich nicht für möglich gehalten habe. Und nun das: Ich bin mit dem Tanzen auf der Strasse gelandet. Raus aus den wunderschön dekorierten Tanzräumen mitten hinein in die nüchterne Alltags- und Arbeitswelt normaler Menschen. Es hat mir immer weh getan,dass wir 5 Rhythmen-Lehrer mit unserer Arbeit vor allem eine gesunde, wohlhabende und meistens gesellschaftlich privilegierte Schicht von Menschen erreichen. Wie oft hat Gabrielle Roth uns ans Herz gelegt, damit zu den Menschen zu gehen, die an den Rand gedrängt wurden: die Alten, die Arbeitslosen, die Kranken, die Obdachlosen, Flüchtlinge, Behinderte, Suchtkranke oder andere Randruppen, die unter den stigmatisierenden Werturteilen unserer Gesellschaft leiden. Die heilende Essenz dieser Arbeit hat Gabrielle in der tänzerischen Begegnung mit psychisch kranken Menschen entdeckt und entwickelt.

Als wir zu Beginn dieses Corona-Herbstes am 3. Oktober in Winterthur mit ein paar 5-Rhythmen-TänzerInnen das erste Mal mit unseren Kopfhörern mitten im Zentrum von Winterthur getanzt haben, weinte ich vor Freude, als ich auf einmal Menschen zu unserer gemeinsamen Musik tanzen sehen habe, die sonst niemals zu einem 5 Rhythmen-Anlass kommen würden: die behinderte Frau im Rollstuhl, ein Grossvater mit seinem Enkel, Hip-Hop vernarrte Jugendliche, ausländische Mitbürger, eine schüchterne ältere Frau und vor allem viele Kinder. Irgendwann waren die 40 zusätzlichen Kopfhörer, die ich für Passanten mitgebracht habe, ständig im Umlauf.

Und wir durften erleben, wie wir mit unserem Tanz so einfach das monotone und funktionale Energiefeld der Strasse in ein lustvolles, bewegtes und feierndes Miteinander verwandeln konnten. Einige Momente dieser kleinen Strassenrevolution sind in diesem kleinen filmischen Meisterwerk von Anina Gmür zu bewundern. Und eines ist klar: Fortsetzung folgt!